Die deutsche Herren-Nationalmannschaft hat sich bei der Floorball-Weltmeisterschaft in Prag in der Top-8-Gruppe etabliert. Das Team um Kapitän Tim Böttcher und dessen Vereinskollegen Max Blanke, Matthias Siede, Philipp Weigelt und Sascha Herlt vom UHC Weißenfels sowie Ramon Ibold von den Red Devils Wernigerode belegte in Prag den sechsten Platz.

Die Nationalspieler aus Sachsen-Anhalt sowie weitere WM-Akteure mit ihren Familien und heimischen Fans. (Text und Fotos: Stefan Thomé/MST-media)

 

Nach dem sensationellen vierten Platz 2012 ist das jetzige Abschneiden das bisher zweitbeste bei einer WM. Und in der Weltrangliste klettert Deutschland nun auf Platz fünf – hinter den vier Top-Nationen Finnland, Schweden, Schweiz und Tschechien, „die genau genommen eine Liga für sich bilden“, ordnet UHC-Allrounder Sascha Herlt ein.

Zufriedene Gesichter bei Team Deutschland nach dem Platzierungsspiel um Rang fünf gegen Lettland über eine insgesamt gelungene WM.

 

Viel besser hätte Herlts persönlicher Abschluss am Ende kaum sein können. Gegen Finnland musste er wegen einer Erkältung passen. Auch der Botschaftsbesuch fiel für ihn aus. Doch nach dem Platzierungs-Match gegen Lettland, wurde der 25-Jährige vor rund 4.000 Zuschauern als bester deutscher Spieler des Tages ausgezeichnet. Nur die 3:5-Niederlage verdarb am Sonntagvormittag etwas die Feierlaune.

„Wir waren vom 1:6 im Viertelfinale gegen Finnland und dem 4:2 im ersten Platzierungsspiel gegen Dänemark die beiden Tage zuvor doch ziemlich platt. Und Morgenspiele sind nicht so wirklich mein Ding“, gab Herlt zu. Zwar habe das Team gegen die favorisierten Letten wieder gut gespielt, aber zu viele einfache Fehler gemacht. „Lettland hatte einfach mehr Biss, nachdem wir sie in der Vorrunde ja mit 5:4 geschlagen hatten“, analysierte Herlt.

Sascha Herlt.


Rückzug aus Nationalteam angekündigt

Für Herlt wird seine zweite WM nach 2014 jedoch vermutlich seine letzte gewesen sein. „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass mit der Nationalmannschaft Schluss ist“, sagt Herlt. Seine Gesundheit gehe vor. Seit einer schweren Knieverletzung vor einigen Jahren, hat er immer wieder mit Problemen zu kämpfen. „Ich kam auch zu dieser WM mit einem geschwollenen Knie, wurde glücklicherweise rechtzeitig fit. Aber“, so Herlt, „die Intensität ist bei internationalen Turnieren wesentlich höher als in unserer Bundesliga.“ Schnelleres Tempo, mehr ruckartige Richtungswechsel, härtere Zweikämpfe – alles Gift für das empfindliche Gelenk.

Dieser extremen Belastung möchte sich Herlt künftig nicht mehr aussetzen. Komplett schloss er weitere Einsätze für Deutschland aber noch nicht aus. „Wenn das aktuelle Trainerteam weitermacht, stehe ich eventuell zur Verfügung.“ Beim UHC werde er hingegen auf jeden Fall noch eine Weile aktiv bleiben.

 

Böttcher knackt die 80-Spiele-Marke

Neben Herlt stand am Sonntag ein weiterer UHC-Akteur im Fokus. Tim Böttcher, Kapitän des deutschen Teams, wurde vom nationalen Verband für seine Spiele 76 bis 83 im deutschen Dress geehrt. Seit acht Jahren gehört Böttcher zur Auswahl, erlebte in Prag seine fünfte WM. Kein Spieler ist länger dabei, wohl keiner hat mehr Partien für Deutschland absolviert. Zudem bestritt Böttcher in der U19 weitere 18 Länderspiele und zwei Junioren-Weltmeisterschaften.

Lob gab es vom Bundestrainer Remo Hubacher: „Tim füllt die Rolle des Kapitäns optimal aus“, sagt der gebürtige Schweizer. Er hatte Böttcher bewusst dieses Amt anvertraut. Hubacher: „Mit seiner ruhigen Art führt er das Team auf und neben den Feld hervorragend.“

Tim Böttcher wurde von FD-Päsident Jan Hofmann für seinen langjährigen Einsatz in der Nationalmannschaft geehrt. (Foto: IFF)

 

An einen Rücktritt denkt der 27-jährige Lehrer für Sport und Ethik nicht. „So lange ich mich nicht verletze, bleibe ich an Bord“, hält er fest. Die nächste WM, 2020 in Helsinki (Finnland), ist sein erklärtes Ziel. Womöglich könnte er dann die 100er-Marke erreichen. Die sportliche Entwicklung seines Teams möchte Böttcher bis dahin weiter vorantreiben. Seine Vorgabe: „Das Halbfinale erreichen – am liebsten gegen Gastgeber Finnland.“

Die Finnen setzten sich als Titelverteidiger am Sonntag im ewigen Finalduell gegen Rekordchampion Schweden vor mehr als 16.000 Zuschauern mit 6:3 durch. „So gesehen ist unsere 1:6-Niederlage gegen Finnland als krasser Außenseiter im Wert doch noch mal etwas gestiegen“, findet Böttcher und schmunzelt. Früher waren zweistellige Niederlagen üblich.

 

Junges Team hat mehr Potenzial

Böttcher selbst traut seinem Team viel zu. „Wir haben eine junge Mannschaft mit Potenzial und Perspektive. Der Teamgeist ist hervorragend. Deutschland ist keine kleine Floorballnation mehr. Wir müssen nun selbstbewusster auftreten, selbst mehr mit dem Ball agieren. Dann“, so glaubt Böttcher, „kann es uns gelingen, eine der großen vier Nationen bei einer WM zu stürzen.“ Im Vorrundenmatch gegen Tschechien (5:10) habe man das mit einer dreimaligen Führung bis zum 3:2 nach 30 Minuten bereits angedeutet.

Mutiger Auftritt gegen Weltmeister Finnland: Philipp Weigelt spielt Floorball-Legende Mika Kohonen aus.

 

Dass bei der nächsten WM wieder Sportler aus Sachsen-Anhalt dabei sind, davon geht Bundestrainer Remo Hubacher aus. Alle aktuelle Nationalspieler genießen sein Vertrauen. „Sofern wir als Trainer weitermachen dürfen, gehören die Akteure aus Sachsen-Anhalt zur Auswahl“, bestätigt der 39-Jährige.

Und es könnten sogar noch mehr Spieler aus Sachsen-Anhalt dabei sein. Doch finanzielle oder berufliche Gründe sind für einige der deutschen Spitzenspieler nach wie vor ein Hemmnis. Rund 1.000 Euro musste jeder Spieler in die zweijährige WM-Saison mit Trainingslagern, Vorbereitungsturnieren sowie der Qualifikation investieren.

Red-Devil Ramon Ibold absolvierte in Prag seine vierte Herren-Weltmeisterschaft.

 

Und das ist schon deutlich weniger, als das, was die Jahre zuvor an Eigenanteil bezahlt werden musste. Floorball Deutschland kann dank Förderung durch den Bund die Kosten minimieren.

Sachsen-Anhalt steuern der Landesverband sowie die Vereine etwas bei, um die Spieler zu entlasten. Dennoch, die Finanzierung geht bei den überwiegend sehr jungen Spielern nur mit Unterstützung der Familie. Böttcher und Co. fangen auf jeden Fall schon einmal an, für ihre nächste WM zu sparen. Denn die erlebten Eindrücke seien unbezahlbar.

 

Ramon Ibold sowie Tim Böttcher im Interview mit Floorball Deutschland:

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